Januar 2017 – kein Winter, keine Vögel

Bei milder und eher ruhiger Witterung wartete man meist vergeblich auf Wintergäste in größerer Zahl. Viele Gebiete wirkten „vogelleer“, obwohl die Temperaturen zur Überwinterung einluden. Gerade im städtischen Bereich fehlten viele Singvögel, wie die „Stunde der Wintervögel“ des NABU Anfang des Monats belegt.

Überwinterung

Wie sich schon im Dezember andeutete, versuchten einige Arten im Berichtsgebiet zu überwintern. In den Elbmarschen wurden mehrfach Feldlerchen beobachtet, bis zu 2 Ind. am 14.01. am Twielenflether Sand/PI. Auch Zilpzalpe waren nicht selten, meist einzeln, aber auch max. 3 Ind. am 06.01. in der Sülldorfer Feldmark/HH. Zwei Mönchsgrasmücken suchten am 23.01. in Wedel/PI Nahrung. Einzelne Sommergoldhähnchen wurden aus verschiedenen Stadtteilen Hamburgs gemeldet. Auffallend häufig waren auch Singdrosseln, bis zu 2 Ind. fühlten sich am 08.01. in Bahrenfeld/HH und 19.01. in Altona/HH im wärmeren Stadtklima wohl. Mehrere Schwarzkehlchen-Paare haben ihre Brutgebiete gar nicht erst verlassen, so in Hetlingen/PI und im Wedeler Autal/PI. Kein Wunder, dass sie einen „Startvorteil“ gegenüber den ziehenden Braunkehlchen haben. Auch einige Hausrotschwänze harrten bei uns aus, z. B. ein Paar am 28.01. am Volkspark/HH. Und bis zu 5 Bachstelzen suchten am 15.01. in Borghorst/HH Nahrung.

Rastende Entenvögel dominieren

Auch wenn der Zuzug aus dem Nordosten eher gering war, legten die Bestände der Wasservögel im Vergleich zum Vormonat leicht zu, z. B. wurden max. 224 Höckerschwäne am 05.01. in der Winsener Marsch/WL und 80 Singschwäne am 05.01. an der Bodenentnahme Eichholz/WL gezählt. Ein neues Maximum waren 1.100 Kanadagänse (20.01.) am Schlafplatz in Appen-Etz/PI. Auch die Maximalzahlen der Blässgans (2.000 Ind. am 02.01. Steller Marsch/WL) und Graugans (3.000 Ind. am 28.01. Niedermarschacht/RZ) lagen über den Dezemberwerten. Mit bis zu 1.720 Brandgänsen am 14.01. im Mühlenberger Loch/HH blieb der Winterbestand relativ hoch. Auch Löffelenten zogen nicht ganz ab, wie 11 Ind. am 02.01. in der Winsener Marsch/WL zeigten. Ungewöhnlich häufig waren Bergenten, mit bis zu 8 Ind. (10.01. Niedermarschacht/RZ). Für Aufsehen sorgten auch 16 Samtenten, die den ganzen Januar auf einer der Kiesgruben in Appen-Etz/PI verbrachten und reichlich Nahrung in Form von Muscheln fanden. Obwohl etwas mehr Zwergsäger (max. 19 Ind. 15.01. Spadenland/HH) und Gänsesäger (max. 60 Ind. 22.01. Borstel/STD) als im Dezember gesehen wurden, waren die Zahlen immer noch niedrig. Etwas Abwechslung brachte da ein männlicher Mittelsäger, der am 02.01. auf der Kiesgrube Wilstedt/OD mit Gänsesägern schwamm.

Ungewöhnliche und typische Winterbeobachtungen wechseln sich ab

Wie schon im Dezember wurden auch in diesem Monat witterungsbedingte Flüge zwischen den norddeutschen Rastplätzen beobachtet. Besonders auffällig waren u. a. 31 Zwergschwäne am 22.01. am Pinnausee/PI, die Richtung WSW flogen, sowie 70 Kraniche am 25.01. über Billwerder/HH auf dem Weg nach Osten. Nicht schlecht staunte der Beobachter über gleich 5 Rohrdommeln am traditionellen Überwinterungsplatz am Öjendorfer See/HH (25.01.). Auf der anderen Seite des Berichtsgebietes wurden bis zu 52 Silberreiher (04.01.) am Schlafplatz am Hetlinger Schanzsand/PI gezählt. Seit Dezember hielt sich ein beringter Weißstorch in Wilstedt/OD auf, der auch am Neujahrstag noch auf Mäusefang ging. Apropos, eine Zählung am 18.01. ergab 36 Mäusebussarde in der Wedeler Marsch. Zufrierende Kleingewässer zwangen so mache Wasserralle zur Nahrungssuche an ungewöhnlichen Orten, z. B. am 26.01. an der Bille in Bergedorf/HH.

Eine seltene Winterbeobachtung gab es vom Säbelschnäbler am 02.01. in der Wedeler Marsch/PI. Der einzige Goldregenpfeifer des Monats rastete am 01.01. im Mühlenberger Loch/HH, ein großer Trupp Kiebitze (60 Ind.) am 05.01. im Hetlinger Koog/PI, was auch ungewöhnlich ist für die Jahreszeit. Bis zu 28 Große Brachvögel harrten am 22.01. in Niedermarschacht/WL aus. Häufig unbemerkt bleiben überwinternde Waldschnepfen, durch jagdliche Aktivitäten wurden gleich 4 Ind. am 10.01. bei Nahe/SE entdeckt. Zwei Bekassinen nutzten am 18.01. den eisfreien Ausfluss der Kläranlage in Wedel/PI. Sehr ungewöhnlich für den Januar ist auch die Sichtung eines Rotschenkels am 15.01. im Hetlinger Koog/PI. Regelmäßig überwintern dagegen Alpenstrandläufer an der Unterelbe/PI, der Bestand wuchs bis auf 800 Ind. am 08.01. an. Am 06.01. wurde die einzige Zwergmöwe des Januars auf der Elbe bei Neumühlen/HH gesehen. Genauso ungewöhnlich sind Heringsmöwen im Winter, wie z. B. ein Ind. am 02.01. an der MVA in Stellingen/HH. Aus dem jahreszeitlichen Rahmen fällt auch die Beobachtung von 40 Hohltauben am 28.01. in der Winsener Marsch/WL, wo einen Tag später eine Sumpfohreule auftauchte - die einzige des Monats!

Einige Singvogelarten blieben in größeren Zahlen als sonst im Winter üblich im Berichtsgebiet. So wurden bis zu 130 Stare (27.01.) am Schlafplatz Schweenssand/HH und 42 Wiesenpieper am 15.01. in Borg-horst/HH gezählt. Wie schon im Dezember rasteten max. 16 Bergpieper am 08.01. am Hetlinger Schanzsand/PI. Der Grünfinken-Schlafplatz am Botanischen Garten in Groß Flottbek/HH war mit bis zu 550 Ind. (10.01.) besetzt. Der noch urbanere Finkenschlafplatz am Hamburger Rathaus/HH war bei bis zu 60 Berghänflingen (13.01.) beliebt. Erstaunlich große Trupps von 100 Birkenzeisigen, 180 Goldammern und 50 Rohrammern wurden Ende des Monats aus der Winsener Marsch/WL gemeldet.

Seltene Gäste und Brutvögel

Regelmäßig wurden im Januar bis zu 3 Kurzschnabelgänse in der Winsener Marsch/WL gesichtet. Eine sehr seltene Winterbeobachtung gelang auf dem Junkernfeldsee/WL, wo am 02.01. ein Kolbenenten-Paar Nahrung suchte. Etwas Farbe ins winterliche Grau brachte ein Halsbandsittich an der Außenalster, der mehrfach gemeldet wurde: Eher ein entflogener Käfigvogel, als ein „Überlebender“ der kleinen Hamburger Population aus den 1990er Jahren. Die einzigen Nachweise der seltenen Schleiereule waren leider zwei Totfunde: Einer am 16.01. in Billbrook/HH sowie am 27.01. in Marmstorf/HH. Bis zu 4 „Halsbanddohlen“ wurden in Othmarschen/HH gesehen (22.01.). Sie stammen sehr wahrscheinlich aus der Übergangszone in Osteuropa und Südskandinavien, sind also keine echten „soemmerringii“. Nach relativ wenigen Meldungen zu Beginn des Januars nahmen die Beobachtungen von Seidenschwänzen im letzten Monatsdrittel nochmal deutlich zu, maximal waren es 34 Ind. am 27.01. am Schleemer Bach/OD. Die überwinternden Wasseramseln konzentrierten sich interessanterweise mit jeweils 2 Ind. auf den Wohldorfer Mühlenteich/HH (06.01.) und die Mellingburger Schleife/HH (16.01.). Die einzige echte Seltenheit im Januar könnte eine Zwergkanadagans am 29.01. in der Wedeler Marsch/PI gewesen sein. Da die Unterart nicht bestimmt werden konnte, lässt sich aber nichts über einen möglichen Status (Gefangenschaftsflüchtling? Eingebürgerte Population? Wildvogel?) sagen.

Guido Teenck